"Ich kenne sie, sie können nicht schreiben", sagte der Lektor, Connor meinte, "das ist noch gar nichts, sie sollten mich dichten hören!" Der wahre Künstler hilft der Welt durch die Enthüllung mystischer Wahrheiten. Analogiemann rülpst, "Satan, Kiffen, Wittgenstein- das vorstellende Subjekt ist wohl leerer Wahn. Das wollende Subjekt aber gibt es. Wäre der Wille nicht, so gäbe es auch nicht jenes Zentrum der Welt, das wir das Ich nennen und das der Träger der Ethik ist. Gut und Böse ist wesentlich nur das Ich, nicht die Welt." Spanien hat die schönsten Neofaschistinnen Europas.

Geschenkgepränkel: "Ich hatte den Body extra etwas größer gekauft."

"Das war gut."

"Also nicht weil ich dachte, du habest zugenommen, sondern weil du so groß bist und dann tut das an der Mumu weh."

"Nee, das zieht sich dann in den Arsch hinein."

Dazwischengedrängelte Fernsehfetzen.

"Nimmt ihre Tochter Nachhilfe in Englisch ?"

"Ja, tut sie!"

"Danke."

Wieder einmal hatte Stefan Derrick die Welt gerettet! Es war November. In den Achtzigern war er die Reclamausgabe eines Casanovas, ("Ob blond, ob braun, ich l...e alle Frauen, mein Schmerz ist groß"); hätte man ihn darauf angesprochen, so wär er bereit das Fasadenschattenleben abzustreifen, auf das Verhör des Obers, "Was möchten sie haben?", hätte Connor mit, "Einmal Sofa-Kartoffeln mit grünen Wolldecken!", geantwortet. Er blickt in den Spiegel, sieht sich. Es ist etwas von mittlerem Wuchs, mit einem langen, dürren Hals, ein abgezehrtes Gesicht, pechschwarze Augen, geblähte Nüstern, vorstehende Wulstlippen, fliehendem Kinn, einem Bocksbart, behaarten spitzen Ohren, Hundszähnen und einem spitz zulaufenden Schädel:

"Wären Klagen und Jammern olympische Disziplinen, käme alle

vier Jahre ein warmer Medaillenregen über Deutschland nieder."

(Hendryk M. Broder)

Dann war es soweit. Der Vor-Leser, den Connor in Düsseldorf schon über Schnitzler, Kafka und den völlig überschätzten Thomas Mann hat schwadro-referieren hören, eröffnete die Schlacht um "...das ist mir ein zu weites Feld". Die Kulturmaschinerie brach los, der deutsche Vulkan erupierte, "Der Spiegel" brachte ein zu köstliches Titelspiegelbild, das Ausland schäumte, die Niederlande voran, ein Land, dem man in Ambivalenz verbunden sein kann, doch deren Game-Shows zur Hälfte aus Fragen zu/über/um Deutschland bestehen (unter mir, zählt es nicht) und das Feuerchen lodernd hielt der "Bunte Stern".Wirre Haare mischen sich ungefragt ein:" Ich lese ‘Ein weites Feld’ ganz anders als die Kritiker. Ich lese es mit den Werken von Fontane, Bismarck, Nietzsche und den Fontane-Biographien auf der linken Seite des Tisches- auf der rechten liegt das Buch von Grass" Dazu? Arbeitsgemeinschaft sozialkritischer Alzheimerleidender, ASA. Sogar in Frankreich, den Volkskrant konnte Connor nicht dazu beurteilen, selbst in hessischen Großstädten wird man schief angeschaut, wenn man mit quaddeligen Hautausschlag den Bahnhofskiosk verläßt, nicht alle sind durch weggeworfene Spritzbestecke abgestupft. Der französische Übersetzer von Günther Grass, Jean-Pierre Lefebvre, hat auch eine lustige Deutung parat, das schlechte Abschneiden sei Folge der rechten Presse! "Schon lange ist Grass von einer gewissen rechten Presse als ‘Asiat’ behandelt worden und er selbst kultiviert weiterhin sorgfältig dieses Bild mit seinem Kirgisenschnauzbart und seinen rabenartigen Haarsträhnen. Übrigens ist er ein Mensch, der stets an Flußmündungen lebte. "So ganz unanheimelnd klingt dies in meinen Ohren nicht. Joseph Beuys hat 1939 - 1945 für das Deutsche Reich sein Leben eingesetzt. Le Monde findet, Günther Grass fahre fort, seine Rolle als Kassandra des neuen Deutschlands zu spielen. In der Vitusmetropole durfte ich diese Stimmen vernehmen: "Blamiert sich politisch. Aber schreiben, das kann Grass immer noch. Seine Prosa ist kräftiger denn je...test it!"( BILD Hamburg) "Ganz und gar mißraten"(Der Spiegel) "Unlesbar...Grass ist in diesem monströsem Alterswerk müde und erschöpft am Boden einer verplapperten Sontagspredigt angekommen"(Die Zeit) "Ehrgeizige Allegorie auf das utopische Einheitsstreben der deutschen Nation und dessen allemal üblen Folgen. Die Umsetzung...ist Grass nicht gelungen...überspült von der Flut einer fontanesken Prosa"(Focus) "Trocken und ledern" (Die Woche) "Auf dem trockenen Acker des alten Linkskonservatismus sitzengeblieben" (Wochenpost) "So wurde dieses Zeugnis bester Absichten, heroischen Fleißes und der Abwesenheit jeglichen Kunstverstandes eine Totgeburt" (Frankfurter Allgemeine Zeitung) "Künstlerische Pleite...Stammtischgeschwätz" (die tageszeitung) "Dient dazu, daß ein verbitterter alter Mann seine sattsam bekannte politischen Botschaften in Umlauf bringt...Greisengemurmel" (Der Tagesspiegel) "Hat den langererwarteten Roman der deutschen Einheit hingekriegt...ein großes Buch"(Stuttgarter Zeitung) "Kühner Entwurf einer Topographie der deutschen Seele zwischen Politik und Literatur"(Süddeutsche Zeitung) "Beschwört mit großer Sprachkraft...seine Berliner Schauplätze und die herben ostdeutschen Fontane-Landschaften"(Hamburger Abendblatt)- In einer der best sortiertesten Buchhandlungen des Niederrheins warf ich einen kurzen Blick in das Werk, mich sprach es nicht an und ich hätte es vermutlich auch nicht verstanden. Nicht jeder kann ein Walter Jens sein. An Deutschland leiden die meisten Autoren, weil ihnen nicht genug Aufmerksamkeit und Geld geschenkt wird. Alle fühlen sich ausgegrenzt, mißachtet und diskriminiert, belogen und betrogen. Gib mir eine Maschinenpistole und ich rotz’ diese kleinen stinkenden Männchen weg! Am elften November mußte er sein Scheitern vorausahnen und der Eindruck des gealterten und resignierten Künstlers verstärkte sich um ein vielfaches, Tote Werbezeichen hin, tote her: Es war verdammtes Lichtgesindel.

Das Ende vom Lied der prototypischen Fremden in der Nacht: "Je regrette mes faults, je sais que j’ai fait beaucoup de faults, mais je crois que c’est trop tard maintenant d’ avouer mes faults. Pardon. Je ne peux que dire que je le regrette. Merci pour tous! je t’ aime bien à cause de cela!" Sie hatte nicht den Mut, es auf deutsch zu schreiben, er wandelte zwischen Käufer und Käfer und wußte doch so sehr um seine gallo-romanischen Defizite...und Connor ging mit. Sein gesundes Ich hatte mal gewonnen. Ihre roten Fingernägel und ihr blaues Kleid faszinierten ihn. Sie war billig und nuttig und gut. Ein Spiegel, strategisch günstig angebracht, er wollte dieses Französische-Krimi-und-literweise-Rotwein-Gefühl haben. Johnny Fontane würde an dieser Stelle weinen. Sie, rücklings zum Spiegel stehend, küßt ihn und schließt die kontaktlinsenblauen Augen. Er wühlte mit seiner Zunge in ihr herum, schließt das Denken wie Augen nicht, sieht im Spiegel seine linke Hand, die den festen weißen Hintern massiert und hält in seiner rechten eine Flasche Gleumes Alt. Dann noch diese Worte in Gedankensplittern:

"Dann möchte ich dich noch um etwas bitten. Tu deiner neuen Freundin bitte nicht solche Dinge an, sie hat dich bestimmt sehr lieb und es würde ihr bestimmt sehr wehtun. Mir würde es jedenfalls so gehen, wenn ich an ihrer Stelle wäre! Auch wenn sie ein’ hübscher Zeitvertreib ‘ ist, wie du sagtest, denk bitte auch an ihre Gefühle. Ich weiß, daß du oft von mir verletzt worden bist, doch das ist noch lange kein Grund, andere Menschen zu verletzen, die dir nichts böses angetan haben. Es tut mir leid, daß ich dir wehgetan habe und es ist traurig, daß es so ein Ende gab mit uns."

plasticpassion.jpg (3936 Byte)

Austauschbare Worte, die ihre Gefühligkeit überraschend schnell verloren.

That's life, I can't deny it,

I thought of quitting,

But my heart just won't buy it.

If I didn't think it was worth a try,

I'd roll myself up in a big ball and die.

Das einzige Mittelmaß, das er akzeptierte war das Halbdunkel zwischen gesund und krank. Sie meinte wohl, sie könnten wieder zusammenleben. Er würde schreiben wenn er könnte und noch ein bißchen damit warten. Erst mal wieder vom letzten Reinfall erholen. Die Wahrheit ist eben manchmal ganz einfach, doch hängt sie selten an den Lippen Michelle Piccolis. Man singe ihm hymnische Reigen auf seine Gesundung, doch hoffentlich bleibt der Krankheitskeim in ihm. Und er ist ein Rollenspiel und häufig sogar der, den er vorgibt zu sein. Behandschuhte Extremität, die totalitäre Versuchung und der Dunstkreis aus Stearin. Nicht zu transportieren, Tallowimmobilie, Kunst gleich Kapital, Marx als Sammler, Connor als Jäger. Es gibt keine gefährdeteren Menschen als die Begabten- es droht der Absturz in die Mittelmäßigkeit.

"Jawoll, das ist nicht mehr das Land, für das mein Großvater zweimal beinah fiel."

Immerhin war ihm klar, daß die Unschuldigkeit ihrer Liebe verloren war.

"Du wirst sie nicht im Chaos finden...."

"Vorhin hast Du mir vorgeworfen, ich sei Oberflächlich und Selbstgefällig!"

"Selbstgefällig warst du nie!"