Das weiße Pferd, die blonde Lothringerin und der Unterleib, das Ende

Es war mit ein paar Freunden in einem dieser Viertel. Sie konnten dieser Spelunke nicht widerstehen, in der man vorne 'reingeht und hinten wieder 'rauskommt. Sie hatte wieder einiges getrunken. Dann wurden die Freunde wegen ihres hohen Grads der Betrunkenheit herausgeschmissen. Vorne. Der glutäugige Türsteher und ein dunkelhaarige Italienerin ( Connor dachte sie sei Italienerin! Nach dem ersten Clinch sollte sich das als Irrtum herausstellen) eine angeregte Diskussion, ob es rechtens war, die Freunde 'rauszuwerfen. Diese schauen betreten und denken auf der anderen Straßenseite über eine neue Bierquelle nach. Dann grüßt Connor den bebrillten Nachtportier, der immer betrunken einschläft, setzt sich auf ein Mäuerchen, die Dunkelhaarige kommt auch und er genießt die Verhandlungen. Sie radebrecht; er erlaubt sich deftige Scherze. Wer von beiden zu diesem Zeitpunkt ein Wiedersehen vorschlug, konnte Connor nicht mehr ermitteln. Schließlich und endlich hätte es auch regnen können....

So sitzt er dann wieder zu Hause und denkt an die bevorstehende Fete bei Daphne. Connor liegt auf dem Bett und läßt seinen Schneideraum flanieren, als ihn ein Anruf produktiv verwirrt.

"Hallo Mauerkind! Ich werde dich besuchen, auch wenn du nicht damit gerechnet hast. Doch weiß ich, daß der Gedanke mich erregt."

So ist also die erste Schlacht verloren: De Gaulle und Connor gehen duschen, rasieren, renovieren. So wie es das Gesetz befiehlt. Denken an Blossom, er schaut sich seine Sammlung an, ein Stoß langsam vergilbender Papiere und Zeitungsausschnitte - "ich muß das Rauchen reduzieren" - und der aus getrocknetem Rindfleisch und Schaumstoff nachmodellierte Unterleib Blossoms, der so täuschend aussieht, daß Connor ihn loswerden will. Die Chronologie:

Eins: Den Leib wegschaffen

Zwei: Besuch der Italienerin

Drei: Anruf bei Blossom, während die Italienerin bei ihm ist

Es kommt zusammen, der an der Wand hängende Unterleib, die Angst und Panik vor dem wildgewordenen weißen Pferd, die Angst vor Blossom; sie weiß daß sie ihn töten muß und er wird vom roten funkelnden Augen des Zyklopen fixiert.

Nun stand der Entschluß, den Unterleib wegzuschaffen, ihn von den Klippen hinunterzuwerfen oder ihn am Strand zu vergraben, fest. Doch dann mußte es sein, daß sie klingelte. Connor öffnet die Tür, das seltende Gefühl habend, auf keinen Fall etwas angemessenes sagen zu können. Sie tritt mit einer Freundin ein. Störfaktor stürzt sich sofort auf Connors Bibliothek, er denkt an das Pferd, das ihn über zwei Stockwerke verfolgte, er konnte beim ersten Mal entfliehen und fand sich schweißgebadet im riesigen Wohnzimmer wieder, allein; sie nimmt ein Buch, hier eins, liest sich ein, läßt sich ein, will eben kein Störfaktor sein. Er läßt sich auf dem gemachten (!) Bett nieder, die Italienerin (die sie nicht ist) läßt sich neben ihm nieder. Er hat nur Esther Williams, Peter Glotz, Normalisierungsnationalist und Moses, das Handy Jahwes im Kopf, nicht aber schwarze, halblange Haare, hochgeschlagenes Hemd, schwarze figurbetonte Stretchhose, wenig Lidschatten und -strich, sonst ungeschminkt, einladend. Alles an ihr ist lasziv, aber an Blossom denkend, kann er sich beherrschen...noch!

("Ich fasse ihr an die Brust, sie sagt, sie müsse gehen, bringen wir den Unterleib weg, die Freundin bleibt in der Wohnung, nach der Rückkehr versuchen wir den In-Fight, die Italienerin sagt zu ihrer Freundin: 'Freundinnen kann man auch verlassen'. Es ist alles im Kopf drin, ich muß es nur ordnen, zweifellos eine schwierige Aufgabe")

Das Haus ist postmodern eingerichtet, sehr modern. Die Kargheit der Heimatlosen, denen der Big Apple näher ist als Ingolstadt. Er trifft Blossom, versucht mit ihr auf der Treppe zu schlafen (die Augen, die Augen, dort teilt sie ihm mit, daß sie ihn umbringen muß), der zweite Versuch mißlingt ebenfalls, im Arbeitszimmer, unter dem Dach, die Gäste der Party muß man nicht sehen, wenn man dies nicht wünscht. Die Gefahr der Entdeckung besteht im Arbeitszimmer, im Wohnzimmer und im Erdgeschoß. Sie lassen voneinander, er versucht einen Vorsprung vor seiner Partnerin, die ihn nur widerwillig töten will, zu erhaschen, geht ins Erdgeschoß und nimmt einen Campari-Soda. Er ist abgespannt und voller Schuldbewußtsein wegen der Italienerin. Kurze Begrüßungsformeln 5 oder 6 Personen entbietend, darunter die Gastgeberin. Dann das wildgewordene kranke Pferd, er ist der einzige, der es sieht. Seine Flucht nach oben geht über Eisentreppen. Connors Flucht in den ersten Stock, er nimmt die Umgebung nur schemenhaft wahr. Er sieht die bedrohlichen Nüstern zu nah an seinem Rücken, er erreicht den ersten Stock, den zweiten, den dritten Stock und erinnert sich des Verstecks auf dem Dachboden.

Er ging hinaus und setzte sich in den Wagen. Die Italienerin wollte mitkommen und Connor verwehrte es ihr nicht. Den Unterleib hatten sie sorgfältig in eine grüne Decke gehüllt aus Angst vor Entdeckung. Sie fuhren zu den Klippen und es war ein angenehmes Gefühl, dort angekommen nach kurzweiliger Fahrt, war die See grau und aufgewühlt. Er wollte das kostbare Gut nicht wie ein Barbar die Klippen hinabwerfen. So nahmen sie einen halbstündigen Fußmarsch in Kauf, gingen den steilen, schmutzigen Strandweg herunter, bis an das weit zurückgezogene Wasser. Connor warf den Halbleib in die See, nickte kurz und drehte sich um. Sie begriff scheinbar nicht, wie schwer ihm dieser Schritt fiel, denn sie lachte befreit und sah dabei sehr erotisch aus. Ihre ungezügelte Fröhlichkeit ließ Connor die letzten Tage verdrängen. Er hatte immer ein konkretes Bild vor Augen, sie gingen und er wußte, daß er sich immer noch nicht bei Blossom gemeldet hatte, obwohl die Jagd schon eröffnet war. Die Rückfahrt war schwerer als Connor es erwartet hatte. Der Monomann geht von Bord.

Sie erreichten die Wohnung und die Freundin sitzt unbeteiligt in der Ecke, ohne scheinbare Regung. War es nicht so, daß die Italienerin alleine kam und die Freundin erst beim ihrem zweiten Besuch in Connors Wohnung zugegen war? Die Mauerfrau kam zu Connor und er erklärte ihr, daß der Unterleib, obwohl Nachbildung, weggeschafft werden müsse. Sie lagen auf dem Bett und es war alles so klischeebehaftet geil. Connor öffnet ihr Hemd und streichelte ihre Brust. Die schwarze Wäsche ließ Connors schlechtes Gewissen besser ausblenden als er zu hoffen wagte, Erektionsprobleme im Hinterhauptkopf. Sie sagte, akzentfrei, "Ich bin es nicht gewohnt, daß nur meine Brust liebkost wird und sonst nichts geschieht. Eigentlich müßtest du mit mir schlafen..."

Sie wußte um meine Reaktion, die ich genauso wenig verbergen konnte wie Blossom. Doch er war nicht bereit es zu tun, so schlug er vor, das Imitat wegzuschaffen, das er vor der Italienerin eigentlich verbergen wollte. Connor konnte nicht ahnen, daß Blossom, einer Germanistikstudentin gleich, so rote Augen haben könne. So liegen sie auf dem Bett und Connor hatte sich schon im vorherigen Bild des meisten Ballastes entledigt. Die Freundin mimt die Ignorantin, die sie auch ist, sie gehen daran, sich auszuziehen, keiner will einen ordentlichen Skat kloppen, obwohl ich es nicht beschwören kann, da das Bild zu unklar ist und sich die Frage nach der Gewichtigkeit der Lasten Connors nicht stellt. Und dann, nur dann durfte es geschehen: Klingelt das Telephon. Am anderen Ende Blossom, ein Gespräch so belanglos, daß sie alles ahnen müsse.

"Ja, ich lieb' dich auch. Ich beeile mich und komme gleich vorbei."

Connor weiß nichts zu sagen, Wortwechsel zwischen Italienerin und Ignorantin:

"Es war seine Freundin, du wirst ihn nicht wiedersehen."

"Freundinnen kann man auch verlassen."

Connor ist sehr betroffen über diese Skrupellosigkeit, sie imponiert ihm aber auch.

Ankunft am Haus / Bemerken des wildgewordenen Pferdes /
Panikartige Flucht über die eisenbeschlagenen Treppen

Er schaut sich die Räume genau an, um sie später gut beschreiben zu können. Ein billiges Wortgefecht mit Blossom, sie teilt mit, daß sie über die Affäre Bescheid weiß, zeigt aber seltsame Gleichgültigkeit genau wie bei der Mitteilung des Tötungsauftrages. Während Connor darüber sinniert und sich fragt, ob der Unterleib schon für Aufregung bei den Polizeikräften gesorgt hat, weil diese erst später feststellen werden, daß es sich nicht um ein Leichenteil handelt - oder die See ihn auf- und annahm, bemerkt er ein Röcheln, wie es Lord Vader zur Ehre gereichen würde. ängstlicher Schulterblick, hinter ihm ein riesiges Pferd - in einem Weiß, das es nicht geben darf. Eine Stimme ruft angsterfüllt:

"Laufen sie, fliehen sie! Es hat gestern einem Partygänger erst das Schienbein gebrochen und Stücke aus dem Schädel getreten, so daß Gehirn auf den Teppich tropfte, es war sehr, sehr unschön, laufen sie weg!"

Connor ist überzeugt, keine Fragen zu stellen und beginnt zu laufen. Hoffnung auf Treppen, das Pferd steigt hoch und versucht ihn mit den Vorderläufen zu treffen doch Connor ist schon auf der Treppe. Im Eingangsbereich spürte er schon etwas böses, sein Sichtfeld war eingeschränkt, das Röcheln bedeutete auch das Versprühen kleinster Teile saurer Flüssigkeit. Ekelaufzug, die Notizen werden hinfällig, es geht um sein Leben und in dem Moment als ihm klar wurde, das Reden nicht helfen werde, begann die Flucht. Das eiserne Treppengeländer, geschmackvoll wie die Einrichtung eines Jugendgefängnisses, ließ die Schritte wie Paukenschläge klingen, dieses ähnelte Artilleriefeuer. Bumbum, Bumbum, das Treppenhaus schützt zurecht! Hetzen in den dritten oder zweiten Stock, er wagte keinen Blick nach hinten, doch war es unwahrscheinlich, daß ein großes Pferd die Verfolgung aufnahm, doch schiss er auf Wahrscheinlichkeitsrechnung, wenn es um sein Leben ging. Connor sieht die Glastür, springt, sie öffnet sich, gut für den Teint, sehr unheimlich dennoch, er landet in einer handvoll leerer Umzugskartons mit der Aufschrift NYC, das ist Literatur, flach zu Boden gedrückt doch weich gelandet. Nach Jahren des Ausharrens wagt er sich ins Wohnzimmer, die Hitze und der Schweiß dieser Menschenansammlungen sind wie immer unerträglich. Doch auch das Sehen mit nur einem Auge fällt schwer.

So lag Connor also in einem Stapel übelriechender Kartons und wußte nicht, wie lang er warten sollte, bis er sich ins Epizentrum der Feier vorwagen würde; die Angst vor dem Pferd war nicht vorgeschoben sondern real. Das Sitzen auf der Mauer und das Erwischen durch Blossom wäre der ehrlichere Weg gewesen, doch wußte er noch nicht ob er auf seine geliebte Henkerin warten sollte.

Der Raum war leer und mindestens fünf Kilometer entfernt, es erinnerte ihn an das IG-Farben-Gebäude in Frankfurt / Mezzogiorno. Auch die Entweihung seiner, nach einem für Außenstehende nicht erkennbarem Plan angeordneten Bibliothek, nahm er in Kauf, konnte er dies im Moment doch nicht verhindern und ergab sich in sein Schicksal. Würden die Italienerin und deren Freundin noch in seiner Wohnung sein? Wenn er jedoch sein Versteck verläßt und die Nichtexistenz des Pferdes annimmt, so läßt sein Unwohlsein den Schluß zu, daß er sein Versagen bewußt wahrnimmt. Beim Hinabschreiten der Treppe sieht er Blossom, die teilnahmslos an ihm vorbei schaut. Im Dunst des Rauches erkennt er eine Bindehautentzündung, er will etwas zu ihr sagen, sich für das Telephonat entschuldigen, sieht seine fernmündliche Unterlassungssünde im Beisein der Italienerin ein. Das rote Auge ist nicht überrot, sie hält eine Walther PPK in der Hand.

"Diese Stadt war nicht schlecht. Niemals war hier vollkommen Wirklichkeit. Und die Achtziger Geschichte."

So würde die Erzählung beginnen. Oder noch besser: Enden.

"Was ist mit deinem Auge, Blossom?"

"Frage nicht, geh!"

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

You can't get blood of a stone. I know you, you cannot write (I said that's nothing you should see me creating websites....)

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